NEU-ANSPACH - Festival-Chef Achim „Ahmed“ Schmidt war am ersten Tag des diesjährigen Ziegelei Open Air in Neu-Anspach noch mit durchnässtem Parka und Südwester auf dem Kopf unterwegs, am zweiten Tag sah man ihn schon wieder im Ziegelei T-Shirt. Trotz des Dauerregens hatten sowohl er, als auch die allermeisten Zuschauer ihre gute Laune nicht verloren, was angesichts des ausgezeichneten Programms auch nicht verwunderte. Die Gesamtbesucherzahl vom Vorjahr wurde wohl nicht ganz erreicht, aber sind dieses Jahr insgesamt wohl um die 1.000 Zuschauer gekommen und auch die 120 gebuchten Campingplätze wurden bezogen.
Das musikalische Programm wurde pünktlich und stringent abgespult. Der erste Tag war deutlich rockiger als der zweite. Beim „opener“, dem Pop-Rock-Duo „Dead Horse Gap“ und am Ende vom ersten Tag bei „Hattler“ mit Club und NuJazz waren die Zuschauerzahlen überschaubar, aber immer ging das Publikum gut mit.

Es wurde mitgesungen - besonders auch bei der sehr überzeugenden Nina-Hagen-Coverband „Rangehn“ - und mitgerockt und beim Highlight des ersten Abends, der britschen Band „The Brew“ standen sicher mehr als 100 Menschen im strömenden Regen vor der Bühne. Dieses Trio präsentierte klassischen, knackigen Brit-Rock mit vielen Anklängen an Bands wie „Led Zeppelin“ und einer ziemlich artistischen Bühnenshow. Schlagzeuger Kurtis Smith begeisterte das Publikum am Ende des Gigs mit einem ausgedehnten und überzeugenden Trommel-Solo. Auf Bühne 2 traten „Scherf & Band“ auf, allerdings zunächst Mal ohne „Scherf“, was dazu führte, dass der erste Auftritt nur ein Soundcheck wurde und erst in der zweiten Runde der „Alternative Rock“ voll zur Geltung kam.
In dem eher kleinen Zelt um diese zweite Bühne war man allerdings dem Musikgenuss sehr direkt ausgesetzt, was den einen oder anderen Zuschauer am ersten Tag akustisch überforderte. Am zweiten Tag, bei den „Jashgawronski Brothers“, aus Armenien bzw. Italien, und ihrer schon clownesque-zirzensisch anmutenden Musikshow mit selbstgebauten Instrumenten, wie auch beim fetzigen „Balkan-Beat“ von „Absinto Orkestra“ aus Mainz, war dann die Lautstärke absolut angemessen. Beide Bands kamen hervorragend an und die Absinto-Musiker, die sich mit ihrem ersten Auftritt, das Publikum „warm gespielt“ hatten, sollten, trotz zwei Zugaben, nach der zweiten Runde gar nicht mehr die Bühne verlassen. Im und um das Zelt herum, das für die vielen Zuschauer viel zu klein war, wurde zu jedem Song getanzt, gesungen und geradezu gejubelt.

Das schafften am zweiten Tag sonst nur noch „Interstellar Overdrive“ aus Wiesbaden. Selbst kurz vor Mitternacht standen noch mehrere hundert Zuschauer vor der Bühne und forderten lautstark eine Zugabe nach der anderen. Die „Pink Floyd“ Interpretation von sphärisch-meditativ bis rockig-hart war allerdings auch sehr überzeugend und sicherlich ein weiteres Highlight des Festivals. Der „Headliner“ des Festivalplakates „Mrs. Greenbird“ konnte trotz aufwändiger Bühnendekoration und Kostümierung nicht die Herzen aller Gäste gewinnen. Der dargebotene „Folk-Rock“ war wohl etwas zu harmlos und eintönig. „Marley’s Ghost“, am Nachmittag als erste Band auf der Hauptbühne, lieferte, wie schon 2016, einen grundsoliden Reggae ab, bei dem die Zuschauer mitsangen und gar nicht genug bekommen konnten.
Man kann Achim „Ahmed“ Schmidt und seiner Mannschaft nur zu diesem exzellenten Festival gratulieren. Eine tolle musikalische Bandbreite und ausgezeichnete Bands, die eine oder andere Überraschung, und trotz des miesen Wetters, ein Publikum, das die Musik genoss und offensichtlich seinen Spaß hatte. Auch wenn es kein „Schlammbaden“ gab, so war es, wenigstens am ersten Festivaltag, schon ein bisschen wie „Wacken im Taunus“.