Sa. 01.10. 2016

Männer, die mit Püppchen spielen

geschrieben von Marion Diefenbach

„Achtung Oma“-Spektakel mit dem Darmstädter Kikeriki Theater in der Idsteiner Stadthalle

IDSTEIN - Fünf etwas verwahrlost wirkende Männer trabten lautstark vor der grünen, von Blümchen eingerahmten, vollen Wäscheleine unter blauem Dekohimmel auf die Bühne. Gerätschaften wie Leiter, Akkordeon und Notenständer wurden aufgebaut, bevor Roland Hotz das Publikum mit einer launigen Ansprache auf finsterstem Hessisch in der „Idsteiner Alten Oper“ begrüßte und gleich die ersten schnoddrigen Spontanwitze riss – wem das Ganze nicht laut genug sei, hätte eben früher kommen und sich in die erste Reihe setzen müssen...

Die absurd-witzige Story, die das Ensemble auf Einladung der Wörsdorfer Scheuer erzählte, ist am „Generationenkonflikt“ aufgehängt: Eingerahmt von Liedchen im Bänkelsänger-Stil und am Akkordeon begleitet von Steffen Stütz erhielt der Kasper, nach drei durchzechten Nächten ohnehin durch einen „dicken Kopp“ geschwächt, einen Brief. Darin kündigte seine Oma an, zu ihm ziehen zu müssen, da sie wegen des geplanten Neubaus einer „Fratzenschneiderei“ (Schönheitsklinik) ihr Haus verloren habe.

Als sie mit großem Gepäck eingetroffen war und sofort mit ihrem Ableben drohte, wenn ihre Forderungen – „e Wurstplättche ohne Zervelatwurst und Käs, aber nix Abgepacktes, was „Frisches aus’m Garte (Gürkchen, Tomätchen und Silwerzwibbelscher), e Tässche Kaffee und e schee Stücksche Tort“ (ihre Zigarren hat sie mitgebracht) – nicht umgehend erfüllt würden, klärte Kasper die Bedeutung von „OMA“ mit „o mei Alptraum“ auf. Um sie wieder loszuwerden, beschloss er, ihrem Hausbesitzer „die Stirn zu bieten“. Als Oma verkleidet wickelte er den gewaltigen Axel Schwitzer mit Anzüglichkeiten um den Finger, wurde aus gegebenem Anlass gar zur „Omina“, sodass die Holzfigur unter dem Jubel des Publikums nicht nur einen klamaukigen Strip hinlegte, sondern der Oma auch das Haus überschrieb – und schließlich doch vom riesigen Sensenmann ohne Augen statt der richtigen Oma mitgenommen wurde...

Teilweise derbe Wortgefechte

Die Geschichte in drei Akten war allerdings eigentlich nur Nebensache: Im Grunde standen die Zoten, Anekdoten, Schimpftiraden und Dialoge im Vordergrund, bei denen die Darsteller oft die Rolle verließen und sich anscheinend „wirklich“ lustvoll verbal niedermachten. Detlef Kühner, Bernd Körner und Roland Hotz lieferten sich in der Regie von Peter Brinkmann teilweise derbe Wortgefechte, die in der Präsentation durch die grotesken „Holzköpfe“ als Karikaturen immer wieder Lachsalven auslösten. Vor allem Roland Hotz verblüffte – persönlich oder als Kasper – mit dem gnadenlosen Tempo seines Schlappmauls, vor allem wenn er dichterische Höchstleistungen wie das elfte Gebot absonderte: „Du sollst nicht begehren der Oma ihr Haus, sonst schlag ich dir die Zähne aus.“ Er war es auch, der mit selbstironischen Kommentaren wie „erwachsene Männer, die mit Püppcher spiele, da is in der Kindheit was schief gelaufe...“ oder der Bemerkung, man habe es zwar nie geschafft, allen zu gefallen, aber zumindest, dass einen niemand mehr vergisst, auch schonungslose Wahrheiten verlautbarte. Das Publikum in der voll besetzten Stadthalle hatte jedenfalls riesigen Spaß.

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